+++ Ablenkung beim Fahren tötet mehr Menschen als Alkohol am Steuer +++

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350 Opfer allein 2015
Ablenkung beim Fahren tötet mehr Menschen als Alkohol am Steuer

Unfallforscher der Allianz haben die Auswirkung der Smartphone-Nutzung am Steuer untersucht. Im Jahr 2015 kamen mehr Menschen durch Ablenkung ums Leben als durch Alkoholfahrten. Die Versicherer fordern Maßnahmen - und zwar von den Autoherstellern.

  • Jeder zweite Autofahrer nutzt sein Handy am Steuer
  • Auch moderne Infotainment-Systeme im Auto lenken Fahrer ab
  • 350 Tote durch Handy-Ablenkung im Jahr 2015
  • Versicherung fordert: Autohersteller sollen Bedienung vereinheitlichen

Smartphone am Steuer - das kann schnell tödlich enden. Es gibt bereits mehrere Untersuchungen zu dem Thema; nun hat die Allianz-Unfallforschung ihre neuesten Ergebnisse zusammengestellt und formuliert Handlungsaufforderungen, die vor allem an Autohersteller gerichtet sind. Für die repräsentative Untersuchung befragten das Allianz Technik Zentrum, das Institut Mensch-Verkehr-Umwelt (MVU) und Makam Research 1600 Autofahrer in Deutschland, Österreich und der Schweiz. FOCUS Online liegen die Ergebnisse der Studie bereits vor.

74 Prozent der Fahrer fühlen sich abgelenkt

Zwar verwenden gerade Premium-Hersteller viel Hirnschmalz darauf, die Ablenkung durch Infotainmentsysteme mithilfe ausgeklügelter Bediensysteme zu verringern - doch so richtig viel scheint das nicht zu helfen. Das zeigen die Ergebnisse der Allianz-Studie:

  • 74 Prozent aller Befragten fühlen sich durch die im Fahrzeug verbaute Technik abgelenkt.
  • 58 Prozent bedienen das Radio über das Bordmenü - also nicht über Fernbedienungstasten am Lenkrad.
  • Mehr als jeder dritte (39 Prozent) bedient das Navigationssystem während der Fahrt. Nur ganz wenige Hersteller - etwa Toyota - deaktivieren diese Bedienmöglichkeit und lassen das Einstellen von Zielen nur im Stand zu.
  • 60 Prozent aller Fahrer, die in den letzten drei Jahren einen Unfall hatten, nutzen auch ihr Smartphone während der Fahrt. Bei Fahrern ohne Unfallerlebnis waren es nur 37 Prozent.
  • Fast jeder zweite Fahrer (46 Prozent) begeht während der Fahrt einen Handyverstoß ( zur rechtlichen Bewertung des Themas "Handy am Steuer" finden Sie hier eine Einordnung ).
  • 29 Prozent der befragten Autofahrer geben zu, dass sie bei einem Anruf am Handy schauen, wer sich gemeldet hat.

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Die Folgen der Ablenkung sind erheblich. So kamen im Jahr 2015 auf deutschen Straßen fast 3500 Menschen ums Leben - jeder zehnte davon (350) laut den Daten der Versicherer durch Ablenkung am Steuer. Dem stehen "nur" 256 Todesopfer durch Alkohol-bedingte Unfälle gegenüber.

"Es gibt kein Gewohnheitsrecht auf Ablenkung"

"Früher galt Alkohol am Steuer als Kavaliersdelikt. Es war nicht verwerflich, nach mehreren Gläsern Wein Auto zu fahren", sagt Mathias Scheuber, Schaden-Vorstand bei der Allianz, "das ist gesellschaftlich heute nicht mehr akzeptiert, und zu dieser gleichen Haltung müssen wir auch bei der Smartphone-Nutzung am Steuer kommen. Es gibt kein Gewohnheitsrecht auf Ablenkung. Unsere Studie zeigt: Smartphones töten", so Scheuber.

Die rechtliche Situation ist bereits eindeutig und verbietet die Handy-Nutzung am Steuer während der Fahrt komplett . Die Unfallforscher der Allianz fordern daher die Autohersteller auf, mehr für weniger Ablenkung am Steuer zu tun - mit drei Maßnahmen:

  • 1. Sicherheitskritische fahrfremde Funktionalitäten wie beispielsweise die Zieleinstellung des Navis oder der Internetaufruf über das Bordmenü sollten für den Fahrer während der Fahrt deaktiviert sein, so die Forscher.
  • 2. Die Bedienergonomie mobiler und verbauter Geräte und Anwendungen unterschiedlicher Fahrzeugfabrikate müssten harmonisiert und vereinfacht werden. Diese Forderung der Versicherer dürfte freilich kaum erfüllbar sein, denn durch individuelle Konzepte versuchen die Autohersteller ja gerade, sich voneinander abzugrenzen. Einige Hersteller, zum Beispiel BMW beim neuen 5er , setzen immerhin auf freie Auswahl bei der Bedienung: Der Fahrer kann auswählen, ob er das Navi-/Infotainmentsystem per Sprachbedienung, Touchscreen, zentralem Controller oder teilweise sogar per Gestensteuerung bedienen will.
  • 3. Notbrems-Assistenzsysteme müssen in alle neuen Autos eingebaut werden. "Untersuchungen haben ergeben, dass bei flächendeckender Ausrüstung mehr als ein Drittel der Auffahrunfälle vermieden oder deren Folgen reduziert würden", so die Unfallforscher der Allianz. Hier immerhin rennen die Versicherer offene Türen ein: Im Euro NCAP-Crashtest, der für die Autobauer eine erhebliche Bedeutung hat, sind Notbrems-Systeme bereits ein wichtiges Kriterium.

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