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Kirchentag in Berlin
Obama wie ein Superstar gefeiert - kann Merkel von dem Ruhm profitieren?

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama war im Rahmen des 36. Evangelischen Kirchentages am Donnerstag in Berlin zu Gast und nahm zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel an einer Diskussionsrunde vor dem Brandenburger Tor teil. Er stellte sich hinter Merkels Flüchtlingspolitik und lobte ihre "herausragende Arbeit".

Tosender Applaus und lautes Gekreische: So hört es sich an, wenn ein Superstar die Bühne betritt. Oder wenn der ehemalige US-Präsident Barack Obama mittlerweile ergraut, aber immer noch gewohnt locker, vor das Publikum tritt und charmant in die Kameras lächelt.

70.000 Besucher wollten Merkel und Obama sehen

"Guten Tag", begrüßte Obama am Donnerstag um 11 Uhr die 70.000 Besucher des 36. Evangelischen Kirchentags in Berlin. Dort nahm er zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an einer Diskussionsrunde vor dem Brandenburger Tor teil, die von der Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au und Heinrich Bedford-Strohm, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, moderiert wurde. Das Thema: "Engagiert Demokratie gestalten. Zuhause und in der Welt Verantwortung übernehmen."

Eineinhalb Stunden nahm sich der EX-US-Präsident für die Diskussion vor Publikum und einer anschließenden Fragerunde Zeit. Hoffnungsvoll rief er den Kirchentagsgängern zu: "Wir müssen glauben, dass wir die Welt verändern können, dass wir unter einem gütigen Gott leben."

Merkel stellt Machtverteilung klar

Dabei stellte er beinahe Merkel etwas in den Schatten, denn die musste zunächst die Machtverteilung klarstellen und rügte EKD-Chef Bedford-Strohm auf humorvolle Art und Weise, als er zu einer Frage an Obama angesetzt hatte: Wenn jetzt schon mal der lange Zeit mächtigste Mann der Welt neben ihm sitze…Merkel sagte daraufhin mit dem ihr eigenen Humor: "Neben Ihnen sitze ja jetzt erstmal ich." Das gefiel dem Publikum. Die Kanzlerin erntete Lacher und Applaus.

Obama stärkt Merkel den Rücken

Buhrufe und Pfiffe gab es jedoch auch. Die kamen, als Merkel erklärte, dass Menschen ohne Bleiberecht schneller in ihre Heimat zurückgeschickt werden müssten. "Ich weiß, dass ich mich damit nicht beliebt mache", so die Bundeskanzlerin. Die Reaktionen geben ihr gleichwohl Rückhalt für ihre auch in Reihen von CDU und CSU umstrittenen Entscheidungen in der Flüchtlingspolitik. Obendrein stärkte Obama ihr den Rücken. Er bat bei den Kirchentagsbesuchern um Verständnis für die schwierigen Entscheidungen, die Merkel zu treffen habe.

Das "Ringen" zwischen humanitärer Verpflichtung und staatspolitischer Verantwortung kenne er aus seiner eigenen Amtszeit. "In den Augen Gottes verdient das Kind auf der anderen Seite der Grenze nicht weniger Liebe und Mitgefühl als mein eigenes Kind", sagte Obama. Dennoch hätten Staats- und Regierungschefs auch eine Verantwortung für die Menschen im eigenen Land und müssten rechtliche Zwänge sowie begrenzte Ressourcen berücksichtigen.

Herzensangelegenheit oder Wahlkampfhilfe?

Es ist offensichtlich, dass sich Merkel und Obama gut verstehen und einst gerne zusammengearbeitet haben. Sie teilten eine ähnliche Sicht auf die Welt und einen ähnlichen Politikstil. Nahm Obama die Einladung zum Kirchentag auch an, um Wahlkampfhilfe für eine seiner "Lieblingspartnerinnen" zu leisten? Immerhin hatte er bei seinem letzten Besuch als US-Präsident unverhohlen erklärt, wenn er könnte, würde er Merkel wählen. Vor dem Brandenburger Tor lobte er jedenfalls die "herausragende Arbeit" von "Angela".

Und das komplett kostenfrei. Pro Auftritt soll der ehemalige US-Präsident nach Medienberichten mittlerweile bis zu 400.000 Dollar verlangen, doch am Kirchentag sprach der bekennende Protestant angeblich ohne Honorar. War es ihm vielleicht eine Herzensangelegenheit? Seine Frau Michelle engagiert sich ebenfalls seit Jahren in der Kirche. Apropos Michelle - Obama möchte nun nach seiner Präsidentschaft seiner Frau ein guter Ehemann sein und wieder mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Er habe viel gut zu machen. Und natürlich Schlaf nachzuholen.

Demut war also durchaus Thema beim Kirchentag. "Manchmal haben meine Entscheidungen zum Tod von unschuldigen Zivilisten geführt", sagte Obama in Bezug auf die US-Drohnenangriffe. Auch Merkel sprach von Fehlern, doch durch ihren Glauben fühle sich die Pastorentochter "nicht vernichtet, sondern immer aufgehoben".

Kein einziges Mal fiel der Name des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Dennoch kam auch er indirekt zur Sprache, als Merkel "Rückschläge" in der Geschichte erwähnte und Obama davon redete, "Kräfte zurückzudrängen, die Menschenrechte und individuelle Freiheit bedrohen".

Das perfekte Duo

Insgesamt gaben Merkel und Obama das perfekte Duo, was der Kanzlerin kurz vor der Bundestagswahl sicher zu Gute kommen wird. Und was macht jetzt eigentlich Barack Obama?

Als Bedford-Strohm am Ende scherzhaft fragte, ob der Ex-Präsident denn derzeit eine Bewerbung am laufen hätte, antwortete Obama, dass er jederzeit für Vorschläge offen sei. Konzentrieren wolle er sich aber nun auf seine Stiftung "Obama Foundation". Dann richtete er noch einen Appell an die jungen Besucher des Kirchentages, sich zu engagieren.

Und dann war es da wieder: das charmante Lächeln. Groß prangte es am Ende auf der Leinwand neben dem Brandenburger Tor. Das Publikum klatschte begeistert, hier und da wurden Transparente in die Höhe gehoben, US-Flaggen geschwenkt. Obama verließ zusammen mit Merkel die Bühne. Von Obamas Ruhm kann sie sicher ein wenig in den Bundestagswahlkampf mitnehmen.

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