Motorradfahren ist ja wieder schwer im kommen. Nicht dank der hochgezüchteten Renner, die mit 200 PS im Tempo einer Gewehrkugel beschleunigen und wenige Sekunden später mit Tempo 300 einen Porsche von der linken Spur vertreiben. Eigentlich ist es eine andere Art von Krad, die derzeit den Boom antreibt: Solche mit entspannter Sitzposition, zweistelliger PS-Zahl und einem retromäßig angehauchten Design. Solche wie die Ducati Scrambler. In nur zwei Jahren hat die schlanke Italienerin Kultstatus erlangt.
Mindestens 8890 Euro kostet die Scrambler – nicht gerade wenig für ein Bike mit luftgekühltem Einzylinder-Motörchen, 75 PS und nur einer Scheibenbremse vorn. Aber es steht halt Ducati drauf. Mancher, der weniger trendy daherfahren möchte, aber ähnlich relaxed, der sein Motorrad vielleicht auch zum täglichen Pendeln einsetzt und dies auch jetzt, in der kalten Jahreszeit, der fragt sich: Gibt´s denn sowas nicht ein bisschen günstiger?
Mehr als 2000 Euro günstiger
Gibt es – vom Japaner. Es ist die Art braver Maschine, die bislang eher unter dem Radar fuhr, in Zeiten verstopfter Städte und der Lust am Zweirad aber zu neuen Ehren gelangen. Suzuki hat letztes Jahr mit der SV650 genau so ein Fahrzeug ins Programm genommen. Mit 76 PS und fahrbereit 197 kg Gewicht entsprechen ihre Eckdaten ungefähr jenen der gefeierten Ducati, mit 6395 Euro bleibt sie aber immerhin zweieinhalb Tausender günstiger.
Dabei bietet die Suzuki teils aufwändigere Technik: Nämlich einen wassergekühlten Zweizylinder-Motor und zeitgemäße Doppelscheibenbremsen vorn (wie bei Ducati mit sturzvermeidendem ABS). Nur ein schickes LED-Tagfahrlicht wie die Duc, das hat sie leider nicht.
Naked Bike mit einem Hauch Verwegenheit
Aber Design spielt hier ohnehin nicht die Hauptrolle. Die SV650 ist ein konventionell gestyltes Naked Bike, wobei ihr der Gitterrohrrahmen einen Hauch Verwegenheit verleiht. Retro ist kein Thema: Dieses Modell will treuer Alltags-Begleiter sein und kein Hipster auf Rädern.
Diese Aufgabe erfüllt die Suzi mit Bravour. Der Motor arbeitet laufruhig und dreht locker hoch in den Bereich, wo die Leistung steckt; und die ist für den rasanten Ampelstart ebenso ausreichend bemessen wie für die längere Autobahn-Tour. Wer kernigen Charakter und Antritt ab Drehzahlkeller wünscht, der muss eben doch zum Ducati-Händler.
Nur leicht gebückt sitzend, spürt der Fahrer auf diesem unverkleideten Bike den Wind bei jedem Tempo: Volles Frischluft-Feeling ab Tempo 30, und mehr als 130 wird anstrengend. Bis zu diesem Tempo aber meistert man auch längere Etappen ohne Schmerzen in Rücken oder Handgelenken.
In erster Linie ein Spaßmobil
Ein Tourengleiter ist die SV650 natürlich ebenso wenig wie ein Sportmotorrad, aber von beidem steckt ein bisschen drin in ihr. In erster Linie ist sie aber ein Spaßmobil, um durch den Stadtverkehr zu flitzen. Wenn der Weg ein Stück Landstraße enthält, in deren Kurven sie sich spielerisch dirigieren lässt: Umso besser für den Pendler, der sich hier sein tägliches Stück Freiheit abholen kann.
Unkompliziert, sauber verarbeitet, leicht und flink – und das zu einem fairen Preis. Nicht nur die Ducati, auch eine KTM 690 Duke sowie (etwas stärkere) Honda CBF 650 ist ein wenig teurer; während die Yamaha MT-07 etwas preiswerter ist. Aber auf den letzten Hunderter kommt es bei einem Motorrad auch in diesem Mittelklasse-Segment nicht unbedingt an. Denn Motorrad zu fahren, ist heute mehr denn je eine emotionale Entscheidung. Und die Wahl des Fahrzeuges dazu erst recht: Hier haben Marken wie Ducati natürlich einen Vorsprung. Aber die lässige Suzi, sie schlägt sich gar nicht schlecht.