+++ Die AKK-Strategie: In fünf Stufen entzauberte die Mini-Merkel AfD und Schulz +++

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News-Service: Landtagswahl im Saarland 2017
Wahl im Saarland
Die AKK-Strategie: In fünf Stufen entzauberte die Mini-Merkel AfD und Schulz

Dass die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer als so klare Siegerin aus der Landtagswahl herausgeht, ist durchaus überraschend. Mit 40,7 Prozent ließ die CDU die SPD mit 29,6 Prozent deutlich hinter sich. Die Folge: Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Große Koalition im kleinsten Flächenland Deutschlands fortgesetzt.

Bemerkenswert ist, dass Kramp-Karrenbauer sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlug: Nicht nur ließ sie den sogenannten „Schulz-Effekt" ins Leere laufen, der die SPD in Umfragen steigenden Werte bescherte. Auch die AfD hielt sie klein, die Rechtspopulisten kamen lediglich auf 6,5 Prozent – und landeten damit deutlich hinter den Ergebnissen der vergangenen Landtagswahlen: Berlin 14,2, Mecklenburg-Vorpommern 20,8, Baden-Württemberg 15,1, Rheinland-Pfalz 12,6 und Sachsen-Anhalt 24,2 Prozent.

Wie gelang Kramp-Karrenbauer das? Indem sie fünf Stufen durchlief:

1. Stufe: Tue solides und spreche darüber

In Umfragen vor der Wahl wurde Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer quer über alle Parteien hinweg bescheinigt, dass sie ihre Sache „eher gut" mache. Darauf setzte ihr Wahlkampfteam, erklärt der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer im Gespräch mit FOCUS Online: „Kramp-Karrenbauer hatte in allen relevanten Bereichen gute Werte. Das liegt am Amtsbonus, der bei Landtagswahlen eine große Rolle spielt – zumindest, wenn die Landesregierung wie im Saarland eine solide Arbeit geleistet hat und die Wähler das zu schätzen wissen."

Auf der Habenseite steht, dass sie etwa eine große Rolle bei der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen gespielt hat – bis 2020 beschert das dem kleinen Land einen Geldsegen von 100 Millionen – und zusammen mit ihrem Innenminister Klaus Bouillon ein gutes Flüchtlingsmanagement geleistet hat. Dem hatten die anderen Parteien nichts entgegenzusetzen.

2. Stufe: Prüfe, an wen du dich bindest

Mit dem Einstieg des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz in den Wahlkampf wurden die Karten neu gemischt – in den Umfragen legten die Sozialdemokraten plötzlich enorm zu. Doch dabei machten sie einen Fehler, den die CDU gnadenlos ausnutzte: Um einen politischen Wechsel im Land initiieren zu können, musste die SPD auf eine Koalition mit der Linken setzen. Jedoch haben viele westdeutsche Wähler Ressentiments gegen die SED-Nachfolgepartei. Mitte März warnte Kramp-Karrenbauer in einem Interview mit der „Zeit": „Wer mit meiner Arbeit als Ministerpräsidentin zufrieden ist und wer will, dass ich sie fortsetze, der muss CDU wählen. Sonst kommt Rot-Rot mit Oskar Lafontaine."

Niedermayer: „Je mehr den Wählern klar wurde, dass eine Ablösung der beliebten Regierung nur durch Rot-Rot gelingt, desto mehr ging Kramp-Karrenbauer darauf ein – und zog wie ein Staubsauger diejenigen Wähler an, die rot-rot nicht wollten."

Im Video: 40,7 Prozent! Jetzt stellt sich heraus, was wirklich hinter dem CDU-Erfolg steckt

3. Stufe: Mache nicht jedes Thema zum Wahlkampf

Dass die AfD deutlich hinter den Werten der Verbände in anderen Bundesländern landete, hängt mit zwei Dingen zusammen: Zum einen macht die Nähe führender Parteimitglieder zum rechtsextremen Spektrum die Partei für viele unwählbar. Zum anderen war die Flüchtlingskrise im Gegensatz zu den vergangenen Monaten nicht das entscheidende Thema. Das lag auch daran, dass die CDU durch ein gutes Management den Kritikern das Wasser abgegraben hat. „Für die AfD fiel der Markenkern weg", erklärt Niedermayer. „Und Kramp-Karrenbauer agierte geschickt, indem sie die Flüchtlingskrise nicht zum Wahlkampfthema machte."

4. Stufe: Lasse den Schulz-Effekt abperlen

Es hätte der erste große Sieg für die Schulz-SPD vor der Bundestagswahl werden können – doch obwohl der neue Kanzlerkandidat den Sozialdemokraten zu besseren Werten in den Umfragen verhalf, schafften er und die Saar-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger nicht den angestrebten Regierungswechsel.

„Schulz setzte auf den Gerechtigkeitswahlkampf und betonte, dass es im Land ungerecht zugehe", sagt Niedermayer. „Doch das Empfinden der Wähler ist dramatisch anders: Mehr als 80 Prozent der Saarländer geht es laut Umfragen gut, mehr als 60 Prozent fühlen sich gerecht behandelt." Kramp-Karrenbauer reagierte darauf, indem sie Schulz zum einen als Gefühlspolitiker entlarvte und zum anderen auf ihre solide Bilanz in der Landespolitik setzte.

5. Stufe: Nutze den Wahlendspurt

Noch in den letzten Tagen vor der Wahl gelang es Kramp-Karrenbauer und ihrem Team, zu punkten. Etwa mit einem Auftrittsverbot für türkische Minister – Randnotiz: die türkische Regierung in Ankara hatte gar keinen derartigen Auftritt geplant. „Das ist eine symbolische Politik, die ihren Effekt erzielt", sagt Niedermayer. „Kramp-Karrenbauer setzt damit eine Grenze und zeigt, dass wir uns nicht alles gefallen lassen. Das entspricht auch der Meinung der großen Wählermehrheit."

Welche Folgen hat das für den Bundestagswahlkampf? Niedermayer stellt klar: „Der ‚Schulz-Effekt' hat die erste Bewährungsprobe nicht bestanden und die SPD steckt im Dilemma: Die Mehrheit der Westdeutschen will keine Koalition, in der die Linken Regierungsverantwortung bekommen. Das ist – Stand jetzt – jedoch die einzige Regierungsoption für Schulz. Die Parteiführung in Berlin muss sich nun genau überlegen, wie sie damit umgehen will."

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Julian Rohrer
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Im Video: Kramp-Karrenbauer: "Als Schulz sein grünes Licht gab, kippte die Stimmung"

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