+++ Krankenkassen zahlen die Video-Sprechstunde: So läuft der Besuch beim Online-Doc +++

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Ab 1. April möglich
Krankenkassen zahlen die Video-Sprechstunde: So läuft der Besuch beim Online-Doc

Flirten, shoppen, Geld überweisen: Beinahe alles lässt sich heute zeitsparend im Internet erledigen. Online-Arztbesuche gab es allerdings in Deutschland bislang nur in Pilotprojekten. Eine Gesetzesänderung ermöglicht nun die Video-Sprechstunde auf Kassenkosten. FOCUS Online hat sie getestet.

Das Wartezimmer platzt aus allen Nähten, die Kinder quengeln, der Sitznachbar hustet: Ein Arzttermin kann viel Zeit und Nerven kosten. Klar, wenn Blut abgenommen oder die Lunge abgehorcht werden muss, ist er unumgänglich.

Den Hautausschlag jedoch könnte sich der Dermatologe auch per Video ansehen – und eine Frage zur Medikamenteneinnahme wäre innerhalb weniger Minuten telefonisch beantwortet.

Das leistet die Online-Sprechstunde

Ab dem 1. April 2017 ist der Traum vom unkomplizierten Online-Arztbesuch ein gutes Stück näher gerückt: Im Rahmen des sogenannten „E-Health-Gesetzes" sind Video-Sprechstunden nun Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen dann in bestimmten Fällen die Kosten für medizinische Internet-Konsultationen:

  • Wenn es sich dabei um einen Nachsorge-Termin bei festgelegten Indikationen handelt (zum Beispiel die visuelle Nachkontrolle einer OP-Wunde)
  • und der Patient sich zuvor persönlich in der jeweiligen Praxis vorgestellt hat.

Wer darf die Online-Sprechstunde anbieten?

Zugelassen ist die Online-Sprechstunde demzufolge für bestimmte Facharztgruppen wie Dermatologen, Augenärzte, Chirurgen und Orthopäden sowie für Haus-, Kinder- und Jugendärzte.

Das leistet die Online-Sprechstunde nicht

Grund für die Einschränkungen: das Fernbehandlungsverbot. Eine Erstdiagnose ist in der Berufsordnung der deutschen Ärzte weder per Videochat noch am Telefon erlaubt. Der Mediziner muss den Patienten zuvor in seiner Praxis untersucht haben.

Wer einen bis dato fremden Arzt per Video kontaktiert, trägt die Kosten für den Termin selbst – und geht ohne Diagnose aus dem Gespräch: Eine Online-Sprechstunde darf in diesem Fall ausschließlich der Beantwortung grundsätzlicher medizinischer Fragen dienen.

„Endlich die notwendige Rechtssicherheit"

Für das Berliner Start-up Patientus, in Deutschland aktuell der führende Anbieter für Telemedizin, ist die Änderung des E-Health-Gesetzes trotz aller Reglementierungen ein Grund zum Feiern: „Wir freuen uns, dass nun die Rahmenbedingungen für die Anwendung der Online-Video-Sprechstunde in Deutschland geklärt sind", sagt Geschäftsführer und Mitbegründer Nicolas Schulwitz.

Bereits seit 2012 arbeiten er und seine Kollegen daran, telemedizinische Sitzungen als Ergänzung zum traditionellen Arztbesuch zu etablieren und kooperieren dabei mit ausgewählten Kliniken, Facharztverbänden und Krankenversicherungen. In Kürze soll das Angebot von Patientus auf dem Arzt-Empfehlungsportal Jameda integriert werden.

„Neben den klar definierten Abrechnungsmöglichkeiten haben Ärzte nun endlich die notwendige Rechtssicherheit, um dem wachsenden Patientenbedürfnis nach Online-Arztbesuchen gerecht zu werden", fasst Schulwitz die Auswirkungen der Gesetzesänderung zusammen.

Selbstversuch: So läuft der Besuch beim Online-Doc ab

In überfüllten Wartezimmern und zwischen schniefenden Mitpatienten habe auch ich schon des Öfteren ein großes Bedürfnis nach Online-Sprechstunden verspürt. Jetzt darf ich dieses Novum testen.

Über die Webseite Patientus.de habe ich Zugriff auf eine Eingabemaske, über die ich alle registrierten Ärzte nach Fachgebiet, Postleitzahl, Ort oder Name suchen kann. Die „Treffer" werden mit Profilbild, Adresse und verfügbaren Terminen übersichtlich aufgelistet. Ein Klick und ich erfahre Genaueres über Behandlungsschwerpunkte und Zusatzausbildungen.

Einfacher, als ein Bahnticket buchen

Schnell habe ich meinen Wunscharzt gefunden und buche einen passenden Termin. Dafür muss ich mir einen Account einrichten. Da mein telemedizinischer „Erstkontakt" nach wie vor eine Privatleistung ist, wird mir vor Abschluss der Buchung der Preis angezeigt: 25 Euro für 15 Minuten.

Gezahlt wird vorab per Kreditkarte. Das alles ist selbsterklärend – und wesentlich einfacher, als ein Ticket für die Bahn online zu buchen.

Patienten, deren Facharzt Nachsorge auf Kassenkosten anbietet, bekommen ihren Termin und eine TAN für den Log-In direkt in der Praxis, nachdem sie eine Teilnahmeerklärung unterschrieben haben.

End-to-End-Verbindung für den Datenschutz

Für die Online-Sprechstunde brauche ich keine Software: Laptop oder PC mit Webcam, stabile Internetverbindung, aktueller Browser (Chrome oder Firefox) – und es kann losgehen: Ich logge mich ein, werde automatisch durch Kamera-, Mikrofon- und Ton-Einstellungen geleitet und befinde mich kurz darauf im „virtuellen Wartezimmer" meines Arztes, der den Termin pünktlich startet.

Die Sprechstunde selbst erinnert an gängige Video-Telefonie à la Skype: Mein Gegenüber ist groß im Bild, mich selbst sehe ich klein. Die Verbindung ist ausgezeichnet – und laut Patientus durch das End-to-End-Prinzip absolut sicher.

Die Sitzung wird weder aufgezeichnet noch gespeichert. Als Zusatz-Feature lassen sich Fotos und andere Bilddateien hochladen und farblich bearbeiten. Auf einer Extra-Zeichenfläche kann der Arzt Info-Grafiken skizzieren. In einem Editor halte ich meine ganz persönlichen Notizen fest.

Fazit: Es ist ein komfortabler Arztbesuch

Nach einer knappen Viertelstunde sind meine Fragen beantwortet, der Online-Doc und ich verabschieden uns. Skizzen, Bilder und Notizen kann ich mir jetzt noch herunterladen: Da bei der End-to-End-Verbindung kein Server zwischengeschaltet ist, stehen sie nach Ende der Video-Sprechstunde nicht mehr zur Verfügung.

Ich klicke auf das rote „Auflegen"-Zeichen, klappe den Laptop zu und freue mich auf eine Zukunft, in der (fast) alle meine medizinischen Anliegen auf so komfortable Art und Weise geklärt werden können.

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