+++ Industrie, Jobs, Wachstum: So hart trifft der Brexit Deutschland +++

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"Harter Ausstieg" kostet bis zu 7 Milliarden Euro
Industrie, Jobs, Wachstum: So hart trifft der Brexit Deutschland

Die Briten haben offiziell den Antrag zum Austritt aus der Europäischen Union gestellt. Dass die Gespräche scheitern, bezweifeln Kritiker. Was bedeutet der Abschied Großbritanniens also für die Deutschen?

Wirtschaftswachstum

Die Schäden für einzelne Branchen sind bei einem Brexit deutlich größer als bei einem EU-Austritt Griechenlands . Je stärker ein EU-Staat in Großbritannien tätig ist, desto mehr dürfte er unter einem EU-Austritt Großbritanniens leiden. Das Ifo-Institut prognostiziert einen mittelfristigen Wachstumsverlust von drei bis vier Prozent. Laut Ratingagentur S&P müssen aber vor allem Irland, Malta, Luxemburg und Zypern – gemessen an der Wirtschaftsleistung – mit den schlimmsten Einbußen rechnen. Diese Länder sind zudem stark mit dem britischen Finanzmarkt verflochten.

Außenhandel

Die Versicherungsagentur Euler Hermes kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass die deutschen Exporteure im Falle eines „harten Ausstiegs" Großbritanniens aus der EU zwischen 2017 und 2019 bis zu 7 Milliarden Euro an Geschäft einbüßen würden. Selbst mit Freihandelsabkommen lägen die Einbußen demnach noch bei 5 Milliarden Euro. Von strengeren Handelsbestimmungen sei die deutsche Automobilindustrie besonders betroffen, sagt Ron van het Hof, Euler-Hermes-Chef in Deutschland. Sie sei stärker als andere Industriezweige in die bilaterale Wertschöpfungskette eingebunden und würde bis 2019 rund 2 Milliarden Euro Einbußen durch fehlende Ausfuhren erleiden.

London ist zudem ein wichtiges Korrektiv für Brüssel. Mit den Briten würde die EU einen Mitgliedstaat verlieren, der immer für freie Wirtschaft und Handel gekämpft hat. Steigen sie aus, würde der Einfluss von Mitgliedstaaten mit hohem staatswirtschaftlichem Anteil stark zunehmen.

Surftipp: So hart würde ein Brexit die deutsche Industrie treffen

Jobs

Großbritannien ist einer der wichtigsten Abnehmer für Waren "Made in Germany". Im vergangenen Jahr war die Insel drittwichtigster Exportmarkt für deutsche Unternehmen. Eine mögliche Abwertung des Pfunds und eine höhere Inflation könnten die Preise für diese Waren dort nach oben treiben und den Absatz womöglich senken. "Damit stehen auch in Deutschland Arbeitsplätze unter Vorbehalt", sagt Volker Treier, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Der Verband schätzt, dass etwa 750.000 Arbeitsplätze hierzulande von den Ausfuhren auf die Insel abhängen.

Zuschüsse zum EU-Haushalt

Kommt es zu einem britischen EU-Austritt, müssen die verbliebenen EU-Länder den Wegfall der Beiträge des zweitgrößten Nettozahlers anteilig ausgleichen. Die Bertelsmann Stiftung prognostiziert, dass deswegen auf Deutschland zusätzliche Ausgaben von rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr zukommen. Abgesehen davon, wird die Wirtschaftsleistung der EU ohne die Briten deutlich schrumpfen.

Geldanlagen

Ruhe bewahren, rät der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die langfristigen Folgen eines Brexit seien überhaupt nicht absehbar - egal ob es um die Entwicklung des Euros oder der Inflation gehe. Gold und Immobilien seien nur vermeintlich sichere Häfen. Um Risiken zu minimieren, ist es den Verbraucherschützern zufolge sinnvoller, sein Geld auf verschiedene Produkte zu verteilen und regelmäßig zu überprüfen.

Für Sparer, die ihr Geld bei einer britischen Bank angelegt haben, ändert sich zunächst auch nichts, wie der vzbv versichert: Die Einlagensicherung bestehe weiterhin bis 75.000 Pfund. Das entspricht in etwa dem europäischen Standard von 100.000 Euro.

Im Auge behalten sollten Sparer aber die langfristige Entwicklung des Wechselkurses: Ein Fallen des Pfundes lässt die Einlagensicherung im Vergleich zum Euro abschmelzen. Stiftung Warentest rät deswegen, einen großzügigen Puffer zu der Grenze von 100.000 Euro einzurichten.

Banken

Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling hat vor den Folgen eines harten Brexits ohne Übergangsregelungen gewarnt. In einem solchen Fall könnten "grenzüberschreitend geltende Genehmigungen und Zulassungen erlöschen", sagte Wuermeling in einem am Dienstag vorab veröffentlichten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Dies hätte zur Folge, dass Finanzprodukte nicht mehr über den Ärmelkanal hinweg ausgetauscht werden. "Das könnte zu Spannungen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Märkte führen", warnte Wuermeling.

Im schlimmsten Fall würde der Ausstieg Großbritanniens aus der EU zu einer Aufweichung der internationalen Finanzmarktregeln führen. "Sollten die Brexit-Gespräche nicht konstruktiv verlaufen, könnten die Briten in Versuchung geraten, die Standards massiv zu lockern, so dass ein Wettbewerbsvorteil für London entsteht", sagte Wuermeling. "In einen Wettlauf nach unten könnten andere hineingezogen werden - mit Risiken für die Finanzstabilität."

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Und wie sieht es in Großbritannien aus? Lesen Sie die Analyse hier .

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pom/pli,/mit dpa
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