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Finanzministerium schlägt Alarm! Schäuble fürchtet Brexit-Beben

Am Mittwoch reicht die britische Premierministerin Theresa May offiziell die Scheidung von der EU ein. Neun Monate nach dem Brexit-Referendum beginnt damit eine zweijährige Verhandlungsphase mit Brüssel. Zum großen Beben könnte es schon früher kommen, fürchtet man im Finanzministerium.

Die Beamten haben laut einem Bericht des „Handelsblatts" für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf 34 Seiten zusammengetragen, welche Finanzfragen EU und Großbritannien dringend klären müssen. Und sie sagen auch, was passiert, wenn man sich nicht rechtzeitig einigt: Die Finanzmarktstabilität sei in Gefahr, „Verwerfungen" drohen.

Schäubles Leute fürchten Brexit ohne Einigung

Die knappe Verhandlungszeit berge im Finanzmarktbereich „erhebliche" Risiken, erklärte Schäuble dem EU-Verhandlungsführer Michel Barnier bereits bei einem Treffen Mitte Februar. Man habe großes Interesse an einem „integrierten Finanzmarkt" mit Großbritannien. Dazu müsse London aber gewisse Bedingungen erfüllen, etwa die Grundfreiheiten der EU akzeptieren und strenge Regulierungsstandards.

Ein Szenario bereitet Schäuble besondere Sorgen: Es sei nicht ausgeschlossen, heißt es in EU-Kreisen, dass London sich vor Ablauf der Frist verabschiedet, ohne, dass es zu einer Einigung gekommen ist. Theresa May droht bereits, kein Deal sei besser als ein schlechter. Ein solcher abrupter Austritt Großbritanniens könne „Verwerfungen auslösen", warnen Schäubles Beamte jetzt. Vor allem im Finanzsektor fürchten die Experten laut „Handelsblatt" sogenannte „Cliff-edge"-Risiken, also die Gefahr, dass Wirtschaft und Börsen bei einem harten Brexit vom Klippenrand stürzen.

Konkret heißt das:

  • Grenzüberschreitende Geschäfte könnten mangels Erlaubnis rechtswidrig werden, Geschäftsbeziehungen würden deshalb nicht fortgeführt.
  • Britische Banken dürften ihre Dienstleistungen nicht mehr in der EU anbieten. Banken aus der EU würde umgekehrt der Zugang zum Finanzplatz London verbaut.
  • Deutsche Unternehmen, die am wichtigen Finanzplatz London Geschäfte abwickeln lassen, stünden vor großen Problemen.

Das Cliff-Edge-Szenario kann für den Interbanken-Handel untereinander schwierig werden. Dieser spielt etwa bei der Refinanzierung von Krediten über Nacht eine Rolle. Genauso wäre es für deutsche Unternehmen ein Schlag. „Gravierende ökonomische und stabilitätsrelevante Folgen" seien nicht ausgeschlossen, so die Experten im Berliner Finanzministerium.

Übergangslösungen sollen Probleme abfedern

Ihre Hoffnung: Statt einen harten Austritt zu forcieren, wie dies May angekündigt hat, sollen Übergangsregelungen oder Bestimmungen im Austrittsabkommen die „potenziellen negativen Effekte abfedern". Man ermittle derzeit mit der Finanzaufsicht Bafin „konkrete Probleme" und „mögliche Lösungen", zitiert das "Handelsblatt" aus einem weiteren Papier. Wahrscheinlich werde es eine gewisse Zahl von Übergangsregelungen geben müssen, sagt auch EU-Kommissar Barnier. Diese müssten allerdings zeitlich knapp befristet werden.

Als eine der schwierigsten Fragen bei den Brexit-Verhandlungen gilt die Trennung der Finanzbeziehungen. Die EU will noch bis zu 60 Milliarden Euro von Großbritannien, dem zweitgrößten Nettozahler für den EU-Haushalt, weil das Land während seiner Mitgliedschaft langfristige Finanzverpflichtungen mitgetragen, dafür aber kein Geld eingezahlt hat.

Briten sollen doppelt zahlen

Gerade hier raten Schäubles Experten dazu, die harte Linie gegenüber London beizubehalten: Nach Artikel 70 der Wiener Vertragskonvention sei Großbritannien „nicht nur politisch, sondern auch rechtlich verpflichtet, seine Verbindlichkeiten zu bezahlen", heißt es laut „Handelsblatt" in einem Papier des Finanzministeriums. Gleich zu Beginn der Verhandlungen sollen die Briten deshalb zusagen, dass sie auch nach dem Brexit all ihre Zahlungsverpflichtungen begleichen werden.

„Großbritannien bezahlt seinen Teil – ebenso wie die anderen Mitgliedstaaten – mit der jeweiligen Fälligkeit", so die klare Forderung. Sollten die Briten auch in Zukunft am EU-Binnenmarkt teilnehmen, müsse London dafür außerdem eine „finanzielle Gegenleistung" bringen. Den Briten im Gegenzug Anteile an Vermögenswerten der EU zukommen zu lassen, ist aber nicht vorgesehen.

Fest steht: Beide Seiten stehen vor einer Herkulesaufgabe. Für die EU gehe es darum, „das Scheidungsverfahren für die EU so wenig schmerzhaft wie möglich zu gestalten", erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Vor allem der größte Nettozahler der EU hat daran ein Interesse: Deutschland.

VIDEO: Top-Ökonom Sinn warnt vor deutsch-französischem Alleingang beim Brexit

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pom/
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